04 November 2005

Verweigert


Einmal wurde der Notarztwagen in eine Villa am Stadtrand gerufen. Sauberer Vorgarten, weiter Eingangsbereich, viel Platz, spiessige Gemütlichkeit. Doch dem Hausherrn ging es schlecht. Er quälte sich in seinem großen Doppelbett, Schwindel, Schwäche, Übelkeit. Beim Toilettengang zusammengeklappt, kaltschweissig. Die Angehörigen sehr besorgt. Er klagt doch sonst nicht.

Zügig einen Zugang, eine Infusion. Blutdruck eher niedrig.

Seit Wochen schon diese Rückenschmerzen im Brustbereich, ausstrahlend nach vorne. Am Bett liegen noch die Ampullen, die der Hausarzt verabreicht hat: Diclofenac plus Dexamethason. Das bekam er wohl jeden Tag, denn er war eine Persönlichkeit in der Stadt.

Keine Frage, ein Notfall. Ein Notfall, der wie alle anderen Notfälle zügig ins Krankenhaus muss, denn vor Ort läßt sich kaum etwas untersuchen. Mit Blaulicht. Jetzt.

Doch er will nicht. Kennt das Krankenhaus zu gut. Die Strukturen, die Personen. Unterschreibt, daß er die Mitfahrt verweigert. Also, alle Schläuche ab und Gute Besserung.

Keine Stunde später der zweite Einsatz dort. Jetzt war der Mann im Schock. Konnte der Notfalleinweisung nicht mehr widersprechen.

Später fanden die Chirurgen im Krankenhaus ein großes blutendes Magengeschwür. Der Mann hat die Operation nicht überlebt.

Labels: